Wir blicken auf eines der spannendsten Jahre unserer Unternehmensgeschichte zurück. Im Oktober wurde aus der OMG Outdoor GmbH die areasolutions gmbh. Dass es sich nicht um eine bloße Namensänderung handelt, sondern Bestehendes weiterentwickelt und neue Bereiche aufgebaut werden, wollen wir durch das nachstehende Interview noch einmal hinterfragen. Hierzu hat die FACTS Redaktion die Geschäftsführung der areasolutions zum Termin gebeten. Es geht um die Relevanz von Räumen und – natürlich – um Daten und darum, wie die Daten eingesetzt werden,
um besser zu verstehen, wie sich Menschen bewegen und verhalten. Sie zu verstehen, zu analysieren, um mediaplanerisch Potential aus ihnen abzuleiten.
FACTS Redaktion: Eine Firma firmiert ja nicht einfach mal so um. Damit verbunden sind immenser organisatorischer Aufwand und natürlich Investitionen. Was war der für euch der ausschlaggebende Punkt, um diesen Schritt zu gehen?
Matthias Grawitter: Wir glauben nicht, dass es ausreichend ist, einen guten Werbeträger von einem schlechten Werbeträger unterscheiden zu können und ihn anschließend im Umfeld eines POI´s einzubuchen. Dies ist sicher allein kein nachhaltiges Geschäftsmodell für die Zukunft. Selbstverständlich bieten moderne Out of Home Agenturen bereits heute umfassendere Services an. Vergleicht man aber die Möglichkeiten, die sich aus heutigen und künftigen Datenerhebungen ergeben, erkennt man sehr schnell, dass wir in Zukunft deutlich bessere Herleitungs- und
Reportingmöglichkeiten haben werden. Dies ist eine große Chance für alle regional planbaren Medien. Vor ca. 18 Monaten haben wir begonnen, uns mit diesen neuen Möglichkeiten zu befassen. Die gedankliche Geburtsstunde von areasolutions.
FACTS Redaktion: Wie verändern denn Daten die Arbeitsbasis?
Christian Seemann: Jetzt stellt ihr uns vor eine Herausforderung, denn es ist schwierig, die Arbeit von vielen Monaten in eine kurze Antwort zu fassen. Im Prinzip geht es darum:
Daten, mit denen heute Gebietsempfehlungen (GEO –Marketing) hergeleitet werden, stammen aus Studien, d.h. einer Stichprobe, die auf das ganze Land hochgerechnet wird. Zudem ist das Ergebnis an jedem Tag des Jahres gleich.
Wir finden heute täglich neue Daten aus unterschiedlichsten Quellen, die aktueller sind, hohe Fallzahlen ausweisen und nicht aus einer Stichprobe stammen. Ohne hier detailliert auf einzelne Daten eingehen zu wollen, muss man sich nur vor Augen halten, dass jeder der einen modernen Lebensstil lebt, Informationen erzeugt. Wer heute mit einem Mobiltelefon, einem Tablet oder einem Laptop online geht, egal ob zu Hause oder unterwegs, tritt digitale Fußspuren. Diese lassen sich zwar nicht personalisiert, aber aggregiert verwenden. Zudem gibt es eine Reihe an Dienstleistern am Markt, die sich auf diese Datenanalyse spezialisiert haben. Und wir sind uns sicher, weitere werden folgen und neue Potentiale aufzeigen. Wir unterscheiden die herkömmlichen, etablierten Datenbasen von den neoterischen, also den neuen Daten, da insbesondere ein Zusammenwirken dieser Informationen neue Perspektiven aufzeigt. Außerdem
bieten wir inhaltlich, wie technisch die Möglichkeit, integriert mit Datenbasen unserer Kunden zu arbeiten. Wir sind überzeugt, dass viele unserer Kunden „Daten-Schätze“ im eigenen Haus haben, die vordergründig keine Media Relevanz haben. Sobald diese Daten jedoch über lokale oder regionale Informationen verfügen, lassen sich anonym und aggregiert relevante Analysen erstellen, die in Kombination mit den eben genannten Strukturen das Ergebnis nochmal besser qualifizieren können.
FACTS Redaktion: Und wie stellt Ihr euch darauf ein, oder anders gefragt: Wie hält diese Neuausrichtung denn Einzug in den Agenturalltag?
Matthias Grawitter: Zuerst einmal: Das, was sich bewährt hat, werden wir nicht verändern. Auch heute planen wir Out of Home und Kino Kampagnen. Wir haben jedoch unsere traditionelle Unit-Struktur reorganisiert und zukünftigen Prozessen angepasst, spezielle Software entwickelt und darüber hinaus neue Bereiche installiert. Hier ist insbesondere der neue Bereich Competence Center zu nennen, der sich mit Data-Scouting und Data-Solutions befasst. Weiter werden hier neue strategische Ansätze und neue Produkte mit zusätzlichem Nutzen für den Kunden entwickelt. Unser Ziel ist es, den Wert von Kommunikation für unsere Kunden zu steigern.
FACTS Redaktion: areasolutions ist Teil des Omnicom Networks. Wo genau liegt der Nutzen des Networks in der künftigen Zusammenarbeit mit areasolutions. Wovon partizipiert der Frontagenturplaner?
Matthias Grawitter: Auch wenn wir weiterhin Out of Home Planer bleiben, ist unsere DNA von jeher regional. Wir haben über viele Jahre durch das Medium gelernt, regional und lokal zu denken und insbesondere große Datenmengen zu verarbeiten, das wollen wir nutzen. Unser Service für das Network wird künftig noch stärker als bisher in der Raum-, d.h. in der Regio-Analyse liegen. Das Ergebnis unserer Analysen sind smartareas. Erst im zweiten Schritt kann bestimmt werden, mit welchem Medium eine smartarea abgedeckt werden soll, um die Ziele eines Kunden
optimal zu erreichen. Wir werden also künftig Anfragen unabhängig von Mediaplänen ermöglichen, z.B. Strukturgebietsanalysen für Mediaplanung, losgelöst vom Medium. Das ist neu!
FACTS Redaktion: Geht man über den areasolutions Agenturflur und biegt z.B. im Competence Center ab, trifft man auf ganz neuen Begrifflichkeiten. Die Kollegen hier sprechen z.B. von smartareas und smartgrids. Man bekommt den Eindruck, die ganze Welt ließe sich durch ein smartgrid betrachten. Was genau verbirgt sich dahinter?

Bildquelle: areasolutions gmbh / Beispiel einer möglichen smartarea Planung für Hamburg
Christian Seemann: Jetzt geht es aber sehr viel tiefer, in der Datenthematik. Nun geht es darum, wie wir die Daten verarbeiten. Wir nutzen verschiedenste Daten aus unterschiedlichen
Quellen. Jede Quelle einzeln betrachtet ist möglicherweise nicht ausreichend, um ein Gebiet zu definieren, bzw. dessen Relevanz zu beurteilen. Dies ist aber am Ende unser Ziel. Wir analysieren die Daten in einem Raster, dem sogenannten smartgrid, um Potenziale zu verorten. Dies kann beispielsweise 250×250 Meter sein. Die Kundenanforderung ist dafür ausschlaggebend mit welchem
Gewicht ein Datum in das Scoring des smartgrids eingeht. Diejenigen smartgrids, die das relevante Scoringziel erreichen, summieren sich zur smartarea. Die smartarea definiert kundenindividuell die Werberelevanz des Raumes. Aus diesem Ergebnis bildet sich das Belegungsgebiet heraus. Als Norm verwenden wir ETRS 89 (europäisches Raumbezugssystem) ein bewährtes, europaweit einheitliches Netz von Messpunkten. Damit einher geht, dass bekannte Grenzen wie PLZ, Bundeslandgrenzen u.ä. keine Begrenzung mehr für ein Kampagnengengebiet darstellen. Entscheidend
ist die Relevanz im Smartgrid, herkömmliche geografischen Grenzen spielen dabei keine Rolle mehr.
FACTS Redaktion: Die neue Ausrichtung ist nun klar. Lasst uns über Perspektiven reden. Out of Home wird in den Fachmedien immer wieder als Trendmedium mit dem höchsten Entwicklungspotenzial erwähnt. Wie steht ihr dazu? Wo genau seht ihr das Potential für Out of Home?
Matthias Grawitter: Allein dadurch, dass wir unsere Beratungsleistung noch weiter verbessern können, wird das Out of Home Kundenpotenzial steigen. Mit Kunden, für die Regionalität eine Rolle spielt, wird sich die Zusammenarbeit künftig integrierter gestalten können. In Workshops können Fusionsmöglichkeiten von Kundendaten mit unseren Daten erarbeitet werden. Dabei werden deutlich präzisere Aussteuerungsmöglichkeiten entstehen, dessen Ergebnisse besser messbar sein werden.
Christian Seemann: Darüber hinaus wird nicht nur der unaufhaltsame Trend, immer neue Daten zu analysieren, um zielgerichteter aussteuern und reporten zu können, die Bedeutung des Mediums erhöhen. Auch die Digitalisierung des Mediums selbst wird zu weiterhin steigenden Marktanteilen beitragen. Die Auslieferung der Werbebotschaften über AdServer ist keine Zukunftsmusik, sondern auf der Tagesordnung. Auch für die analogen Medien sprechen wir mit den Anbietern über die Modernisierung von Einbuchungs-und Motivausteuerungsplattformen. Ziel ist hier – einer der Kritikpunkte unserer Kunden – die Vorlauf- und Reaktionszeiten zu verbessern.
Matthias Grawitter: Der entscheidende Punkt bleibt aber, neue Daten und die Bewegungsanalyse im Raum bieten ein riesiges Potential. Anders ausgedrückt, wer es nicht schafft, die Relevanz von Räumen mit den heutigen Möglichkeiten zu verstehen, verliert. Die Digitalisierung ist der Treiber, wir werden auch im Out of Home Bereich einen Teil des Inventars programmatisch einkaufen. Um einem möglichen Missverständnis vorzubeugen: Wir beschwören hier nicht das Ende von Großfläche und Ganzstelle herauf, ganz im Gegenteil. Wir sind aber überzeugt – um noch einmal zur Ausgangsfrage zurückzukommen – dass das Modell des klassischen Spezialmittlers ohne Weiterentwicklung und den Background eines innovativen Medianetworks in Zukunft schwierig sein wird.
FACTS Redaktion:
Wir danken für dieses Gespräch.