Werbeflächen als Tankstellen für Elektrostrom, digitale Screens als CO2-Kontrolleure: In der smarten Stadt von morgen ist alles denkbar, sagt Christian Seemann beim Kongress der PlakaDiva. Wenn wir uns trauen die Zeichen der Zeit richtig zu verstehen, kann OOH eine elementare Funktion einnehmen – doch die Zeit drängt! Wir zeigen im folgenden Artikel auf, wie sich die Außenwerbung ihren Platz in der Smart City sichern kann.
Smart Cities – Trends von heute entwickeln die Städte von morgen.

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Smart Cities sind keine Fiktion aus einem Roman, sondern reale Konzepte, die nicht nur modern klingen, sondern zwingend notwendig sind, wenn die Bevölkerungsprognosen annähernd stimmen. Immer mehr Menschen ziehen von den ruralen Gebieten in die großen Ballungszentren. Dieser weltweite Trend wird regelmäßig neu bestätigt. So erwartet allein der
Großraum München ca. 24% mehr Einwohner bis zum Jahr 2030. Das stellt die Städteplaner vor enorme Herausforderungen. Smart City – Konzepte sehen vor, einen vollvernetzten Lebensraum zu schaffen (die Stadt in der Cloud), mit den Schwerpunkten, Verkehr, Energieeffizienz, Umweltverträglichkeit und Partizipation der Einwohner. Ziel ist es, die urbane Lebensqualität auch künftig halten und verbessern zu können. Viele Konzepte sind geschrieben, einige Städte orientieren sich in ihrer Entwicklung voll an dem vernetzten Leben in der Stadt der Zukunft. Köln möchte eine werden, Berlin und München arbeiten an Umsetzungen und engagieren sich auf dem Weg zur Entwicklung einer smarten City. Die EU fördert diese Projekte und die Zahl der Städtebewerbungen legt zu.
Data Caching und Data-Analytics – Chancen verstehen und nutzen

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Es ist wichtig, den aktuellen Zeitgeist und Trends zu verstehen, um die Gattung Out-of-Home kontinuierlich weiter zu entwickeln. Während es bei Stadtausschreibungen bisher häufig um Pachtmaximierung, Funktionalität und um spezielle Vorteile für die Städte ging, wird nach meiner Einschätzung ein weiterer Faktor hinzu kommen, den ich als große Chance einschätze: Data Caching und Data-Analytics. Jede Smart City wird ganz eigene und sehr spezielle Anforderungen haben, das zeigen aktuelle Konzepte im weltweiten Vergleich. Und dennoch haben sie alle mindestens diesen einen gemeinsamen Nenner. Sie benötigen Daten, viele Daten. Daten, die im besten Fall in Echtzeit erhoben werden, um das Leben der Bewohner einer Stadt auf eine smarte Art und Weise zu verbessern. OOH könnte hier einen wichtigen Beitrag leisten, insbesondere, um das Medium in eine exponierte Wahrnehmungsposition bei den Städtevertretern und der Öffentlichkeit zu bringen.
Perspektive Out of Home – Welchen Beitrag kann OOH leisten?

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Ich möchte gern eine Out of Home Welt in einer fiktiven Smart City von morgen skizzieren – und wenn Sie mögen, lassen Sie uns gemeinsam denken was schon heute im Bereich des Möglichen ist. Es geht um Modelle, die Grundlagen für Symbiosen zwischen den Bevölkerungen, den Städten und den Medien schaffen. Intelligente Vernetzung steht da weit vorn. In unserer Stadt der nächsten Generation liefern Out-of-Home Medien ein flächendeckendes und offenes W-LAN-Konzept und schaffen eine Grundlage für permanente Vernetzung der Einwohner mit ihrer Stadt. Sie liefern nicht nur einen Zusatznutzen, sondern einen weiteren elementaren Kanal zur Zielgruppenkommunikation im öffentlichen Raum. Echtzeit Verkehrsfrequenzmessungen sind schon heute wichtig und in Zukunft eine Notwendigkeit bei immer stärkerem Verkehrsaufkommen. OOH-Werbeträger liefern unserer Stadt Messwerte für Schadstoffbelastungen in der Luft, sowie Frequenzzählungen am Standort und erzeugen damit einen wertvollen Input für intelligente Verkehrsleitsysteme. Da kommen weitere interessante Zielgruppen Aspekte hinzu. Welche Fahrzeuge dürfen künftig noch in die Innenstädte und welche müssten Bereiche umfahren? Zielgruppen so clustern zu können, bringt vollkommen neue Ansatzmöglichkeiten mit sich.
Zudem lassen sich neue Standorte und Räume werblich erschließen, da eine gleichmäßige Verteilung vieler Messpunkte notwendig ist. Damit sind Standortgenehmigungen möglich, die in der Vergangenheit undenkbar waren. Die Parkleitsysteme unserer Smart City verdienen eine besondere Aufmerksamkeit. Stellen Sie sich bitte vor: Wir möchten mit unserem Fahrzeug ein Ziel in der Innenstadt erreichen. Kurz bevor wir unsere Destination erreichen, reserviert unsere App kurzfristig einen Parkplatz. So optimieren wir Schadstoffemissionen und den Verkehr. Zugleich lassen sich aus diesen Daten klarere Zielgruppenbilder erstellen, die wir nutzen, um den Fahrer beim Erreichen des Parkplatzes profilierter, beispielsweise mittels DOOH, ansprechen zu können. Aus mediaplanerischer Sicht sind das phantastische Aussichten. Und wie wir wissen, dass die Dinge sich ändern, so verändern sich auch die Erwartungen der Menschen. Das Bewusstsein für Dinge und Notwendigkeiten unterscheidet sich zu heute. Immer mehr Einwohner in unserer Stadt möchten Dinge nur nutzen, aber nicht besitzen. Car Sharing ist so selbstverständlich wie die Mobilität selbst. OOH bietet hier Lösungen für den Nahverkehrsbereich in Form von E-Mobility Stations an. Hier wird grün erzeugter Strom verwendet, um E-Bikes, Smartboards und andere Geräte mit Energie zu versorgen, und diese zu verleihen und zugleich als OOH-Medium zu fungieren.
Eine weitere wichtige Säule in unserer Stadt ist der ökologische Einklang. Der Einsatz von Schadstoff-, Co2 absorbierenden Materialien oder Green Advertising liefert einen Beitrag für eine saubere Umwelt. Jüngstes reales Konzept sind die CityTrees. Sie zeigen auf, welche integrierten Wege man hier gehen kann. CityTrees sind bepflanzte bzw. bemooste Werbeträger die eine Kombination aus Grünfläche und Medium ergeben. Sie sind nicht nur in der Lage durch eine aktive Photosynthese einen Klimabeitrag zu leisten, sondern senken auch die Umgebungstemperatur in den Städten. (wir haben detailliert in der letzten Ausgabe FACTS über City Trees berichtet) Zurück zur Wirklichkeit. Wir sind noch weit weg von diesen flächendeckenden Szenarien und sicher haben sie keinen Anspruch auf Richtigkeit. Dennoch bleibt, dass wir bereits heute Technologien zur Verfügung haben, die die eben skizzierten Modelle möglich machen können. Hier hinter steckt eine gigantische Chance für die Menschen einer Stadt, für Kunden, für Städteplaner und natürlich für das Medium. Dennoch schläft die Konkurrenz nicht, Technologieunternehmen, Automobilkonzerne und Start-Ups erkennen bereits heute viele dieser Möglichkeiten und könnten das Feld für sich definieren. Von daher ist die Entwicklung der Gattung Out-of-Home nicht ausschließlich eine Aufgabe der großen Anbietern der Branche oder eines bestimmten Mediums. Wenn wir hier nicht Chancen ungenutzt lassen wollen, muss es vielmehr eine gemeinsame Anstrengung aller OOH-Unternehmen sein nach vorn zu gehen. Nur so kommen wir als Gattung dem Ziel näher, die Relevanz des Mediums in vielen Bereichen weiter zu steigern.
Lebensräume emotionalisieren, Bindungen knüpfen – Prägen von Stadtteilen und deren Erlebbarkeit

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Trotz all der datengetriebenen, analysierten und optimierten Welt, bleibt das menschliche Verlangen nach einer persönlichen, einer lokal identifizierenden Komponente. Und hier können wir von der Urban Art lernen. So wie Urban Art die Städte individualisiert und ihnen hilft sich von anderen Städten zu differenzieren, so sind insbesondere Großstädte bemüht sich auch durch OOH zu individualisieren und zu profilieren. Es werden spezielle OOH-Konzepte gefordert und entwickelt. Ausgefeilte Werbeträgerkonzepte mit einem lokalem Bezug, helfen die Akzeptanz des Mediums zu erhöhen und schaffen eine Identifikation mit den Menschen der Region (Beispiel modernes Design für neue Stadtteile oder Konzept für Lokalidentifikation). Urban Art ist örtlich zugänglich und lässt sich auch durch ihre einfache Bildsprache leichter erschließen und hat damit Parallelen zu wirkungsvollen OOH-Kreationen. Ein gutes OOH-Plakat ist für mich kommerzielle Kunst im Öffentlichen Raum. OOH ist omnipräsent und im Gegensatz zu anderen Medien muss hier nicht aufwendig für Content gesorgt werden, um sich die Aufmerksamkeit der Menschen zu verdienen. Im Kern kann man sagen: „Mache das Alltägliche für einen kurzen Moment zu etwas Besonderem und die wirst die Aufmerksamkeit derer bekommen, denen Du eine Botschaft übermitteln möchtest“.
Von der Wirkung im Raum zu Wirkräumen – Evolution der Mediaplanung

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All die voran gegangenen Themen haben im Kern eines gemeinsam – sie wollen Wirkung erreichen. Es ist notwendig, sich für eine moderne Mediaplanung bewusst zu machen, welche Chancen auf dem Tisch liegen, um die Wirkung des Mediums in die nächste Effektstufe zu bringen. Räume von Bedeutung zu erkennen und damit Zielgruppen in ihrem Verhalten noch besser zu verstehen, ist der Antrieb für die nächste Stufe in der Evolution der Mediaplanung. Datenanalysen und Vernetzung beschleunigen Prozesse und helfen die Budgets der Kunden effektiver und effizienter einzusetzen. Wir möchten verstehen, wo Zielgruppen sich aufhalten, wie sie sich bewegen und wofür sie Interesse zeigen. Das ist im Grundsatz nicht neu, nur haben wir bereits heute Analysen, die die Möglichkeiten der Zukunft heute spürbar machen.
Mit dieser offenen Frage schließt Christian Seemann ganz bewusst ab. Sicher ist, dass wir uns dieser Frage … schnell … stellen müssen.

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Google startete jüngst mit „LinkNYC“ die nächste Offensive für eine Smart City und installierte Kameras in 7.000 stillgelegten New Yorker Telefonzellen. Offiziell wird mit kostenlosem W-Lan geworben. Es soll das schnellste und größte städtische W-Lan-Netzwerk der Welt werden: Nutzer können sich in einem Radius von fünfzig Metern einloggen und mit einem Tempo von bis zu einem Gigabit pro Sekunde im Netz surfen, kostenlos.