Outdoor Storytelling Von Nice-to-Have zum Must-Have.

FACTS Ausgabe 4-2016, Out-of-Home Media, Digital Out-of-Home Media
Bildquelle: shutterstock / ©Elesay

Der öffentliche Raum ist in Bewegung – wenn auch meist noch ohne Ton. Digital out of Home ist der Wachstumstreiber der Außenwerbung. Eine zentrale Einschränkung des Mediums OOH ist außer Kraft gesetzt: das Statische, der Druck, alles Wesentliche in ein Bild zu verpacken – und dabei bitte bloß nicht zu viel Information. Hier hat sich nicht weniger als eine völlig neue Werbeform entwickelt, die nach ganz eigenen Regeln der Kreation funktioniert (siehe Wolfgang Hothum). Auch wenn die überwiegende Passage-Situation an den Touchpoints der Komplexität der Bilder immer noch Grenzen setzt – Aus Kino und TV wissen wir: Mit Storytelling lässt sich ein Markenimage sehr wirkungsvoll aufladen. Jetzt können Marken direkt am Point of Sale ihre Geschichten erzählen.

Der Ruf nach Standardisierung
Die Screens stehen an Bahnhöfen  und Shopping Malls, sie hängen in Wartezimmern und Apotheken. Die Standorte variieren stark in ihrer durchschnittlichen Aufenthaltsdauer und Situation. Die Screens unterscheiden sich nicht nur nach Touchpoint, sondern vor allem auch in Ihrer Größe, das können eher kleine Formate wie im LEH bis zu großen Screens an Flughäfen sein, hochkant oder querformatig, teils sogar mit Ton. Auch die Anzahl der Spots pro Schleife und die Spotlängen sind sehr variabel, je nach Werbeträger und Vermarktungssystem gibt es Spots von 5-30 Sekunden.

Viele Gründe, warum eine Aufnahme der digitalen Werbeträger in die Ma Plakat noch in weiter Ferne scheint.

Man sieht sich einer unübersichtlichen Anbieter-Vielfalt mit ihren Produktversprechen gegenüber. Seitens der Interessensvertreter wird der Ruf nach Standardisierung im digitalen OoH-Werbemarkt laut. Denn bei all der Vielfalt stellen sich die Werbetreibenden die Frage:

Was bekomme ich für das investierte Budget?

Von Nice-to-have zum Massenmedium
Nun hat das DMI neue Zahlen seiner eigenen Reichweitenstudie „Public & Private Screens“ vorgestellt. Und die können sich sehen lassen: 468 Mio. Kontakte liefert DooH in einer Woche.  Das sind 90 Mio. mehr Kontakte als noch in der Vorgängerstudie 2014 gemessen. Dieser Wert entspricht beinahe der Menge an Brutto-Kontakten, die laut Ma Plakat 2016 alle Mega-Light-Poster und City-Light-Boards zusammen in 1 Woche in den Städten ab 100tsd Einwohnern einsammeln. Die digitalen Werbeträger erreichen innerhalb einer Woche mit 59% die Mehrheit der deutschsprachigen Bevölkerung (2014 waren es bereits 50%). Zum Vergleich: CLP in nationaler Vollbelegung hat eine Reichweite von 64% in einer Woche, Mega-Light-Poster und City-Light-Boards erreichen zusammen 38% Reichweite national. Auch wenn die beiden Reichweitenerhebungen unterschiedliche Methoden aufweisen und nur bedingt vergleichbar sind, diese Zahlen machen deutlich, dass DOOH mittlerweile mehr ist als nice to have.

Die digitalen Screens erzielen Leistungswerte auf ähnlichem Niveau wie klassische hochqualitative Werbeträger.

Sie bieten nicht mehr nur neue Möglichkeiten für spitze Zielgruppen sondern sind zum Massenmedium geworden.
Der DMI-Geschäftsführer Frank Goldberg fasst das Ergebnis so zusammen: „Dass sich DOOH in den letzten zwei Jahren nochmal deutlich nach vorne bewegt hat, wussten wir. Aber dass wir mittlerweile bei einer halben Milliarde Kontakte pro Woche und einer Wochenreichweite von fast 60 Prozent liegen, hat uns dann doch überrascht.“
Nach der Vorgängerstudie 2014 ist nun erstmals die Repräsentativität für die gesamtdeutschsprachige Bevölkerung gegeben, da auch Nicht-Onliner befragt wurden. Neu als Touchpoints wurden Taxis und Apotheken hinzugenommen, außerdem wurde die Fallzahl der Befragten mehr als verdoppelt.

Youngster und Manager haben die meisten Berührungspunkte
Junge Menschen, z.B. Auszubildende aber auch Entscheider werden als sehr mobile Zielgruppen von DOOH besonders gut erreicht. Innerhalb einer Woche haben dreiviertel der unter 30-Jährigen Kontakt mit den Screens, in zwei Wochen sogar fast 90%. Die Jungen sind dabei überdurchschnittlich häufig an der Universität, an Raststätten der Autobahn, im Kino und im Fitnesscenter. Auch bei den Geschlechtern zeigen sich Unterschiede: Männer werden verstärkt an der Autobahn, Frauen eher im ÖPNV erreicht, Männer sind häufiger im Elektronikfachmarkt und im Fast-Food-Restaurant. Entscheider trifft man besonders häufig am Flughafen, an der Autobahn, im Taxi und im Kino an, aber auch im Fitnesscenter.

TV-Gap schließen mit DooH?
Eine der Erkenntnisse der „Public & Private Screens“ ist, dass vor allem die junge Zielgruppe besonders häufig mit DOOH erreicht wird. Gleichzeitig zeigt sich an den Angaben zur Mediennutzung, dass diese Zielgruppe weniger fernsieht. Leider wurde in der Befragung keine eindeutige Abgrenzung zwischen Video-on-Demand und TV vorgenommen. Vor allem junge Nutzer sind den Streaming-Diensten zugeneigt und unterscheiden nicht unbedingt zwischen linearem Fernsehen und Youtube, Netflix und Co. wenn sie nach ihren Sehgewohnheiten gefragt werden. Die tatsächliche Wirkungslücke könnte daher noch größer sein. Durch die gute Erreichbarkeit via OOH-Screens dieser mobilen, jungen Zielgruppe könnte  dieser TV-Wirkungs-Gap durch DOOH geschlossen werden. Laut einer repräsentativen Studie des FAW von 2015 werden digitale Screens vor allem als informativ und unterhaltsam betrachtet, genau jene Attribute, die wir eigentlich dem TV zuschreiben – die Hälfte der Befragen bewerten digitale Screens in dieser Hinsicht als positiv. Und das, obwohl viele der ausgespielten Inhalte noch statisch sind.

FACTS Ausgabe 4-2016, Out-of-Home Media, Digital Out-of-Home Media

Grafik: areasolutions

Ein stetig wachsender Markt
17% der OOH-Budgets flossen 2016 in digitale Screens. Und dabei wachsen die Anteile für DOOH kontinuierlich. Die Prognosen für den deutschen Außenwerbemarkt gehen davon aus, dass im Jahr 2019 mindestens 19% der Außenwerbe-Spendings und bis zu 35% (als maximal anzunehmendes Szenario) digital sein werden.

Private Screen-Nutzung  am Touchpoint
Die Macher der Studie sind zusätzlich erstmals der Frage nachgegangen, welche Online-Dienste die Menschen unterwegs mit ihrem Smartphone nutzen. Dazu wurde im Vorfeld eine App installiert, welche die Aktivitäten aufzeichnet und  minütlich die Geokoordinaten der Probanden erfasst. Die Auswertung der großen Datenmenge ist noch nicht abgeschlossen. Ein interessantes bisheriges Ergebnis ist, dass die Probanden auch zu Hause sehr häufig Ihr Smartphone benutzen, um Online-Dienste abzurufen. Auch wenn andere Devices zur Verfügung stehen, wird also gerne mit dem Handy gesurft. OOH setzt Impulse. Wenn Menschen in unmittelbarer Nähe zur Außenwerbung zu Ihrem Smartphone greifen, liegt die Vermutung nahe, dass es sich um eine Reaktion auf die transportierten Inhalte und Stimmungen handeln könnte. Vor allem im Elektronikmarkt und im Lebensmitteleinzelhandel werden Suchmaschinen benutzt, vermutlich zum direkten Preisvergleich oder um Bewertungen aufzurufen.

FACTS Ausgabe 4-2016, Out-of-Home Media, Digital Out-of-Home Media

Grafik: areasolutions

Einkauf auf Knopfdruck
In Zukunft wird zunehmend Programmatic Buying die Branche bewegen. Erste Kampagnen wurden bereits programmatisch ausgeliefert. Wenn die Buchung der digital Screens zukünftig verstärkt automatisch erfolgen kann, nähert sich die Branche in ihrer Kontrollierbarkeit dem Online-Werbemarkt an: Nach Werbedruck-Vorgaben und Tausendkontaktpreis in bestimmten Zielgruppen zu planen und damit eine effiziente Aussteuerung des Werbebudgets vornehmen zu können. Da die Infrastruktur und die Erfahrung aus Online bereits vorhanden sind, gehen Experten von einer rasanten Entwicklung aus. 2018 könnten bereits 38% der digitalen Screens programmatisch gebucht werden.

FACTS Ausgabe 4-2016, Out-of-Home Media, Digital Out-of-Home Media

Grafik: areasolutions

Findet DOOHRY – Werbeträgerinformationen leicht gemacht
Es ist nicht leicht, sich im Dickicht der unterschiedlichen Anbieter und Werbeträger zurecht zu finden. DOOHRY soll hier helfen – die Datenbank enthält für jeden digitalen Screen-Standort die verfügbaren Geoinformationen, sowie Daten zur Mindestbelegung und zu Zeitschienen, zu Ausspielungs-Häufigkeiten und zur Preisstruktur. Außerdem werden Details zum Werbeträger erfasst: hoch- oder querformatig, Screen oder Beamer, was sind die Abmessungen und wie hoch ist die Auflösung? Auch die Daten aus der Reichweitenstudie „Public & Private Screens“ werden hinterlegt. Das DMI hat die lizenzpflichtige Datenbank in Zusammenarbeit mit Select-it aus Köln entwickelt.

FACTS Ausgabe 4-2016, Out-of-Home Media, Digital Out-of-Home Media

Grafik: areasolutions

Vergleichbarkeit mit Out-of-Home Klassik

Woher weiß ich, wie viel Werbebudget in DooH investiert werden sollte?

Die Herausforderung wird auch in Zukunft sein, Leistung valide zu messen und mit klassischen OOH-Kampagnen vergleichbar zu machen. Um das orchestrale Zusammenspiel zu optimieren, sollten alle Kanäle integriert geplant werden. Aber auch mit der „Public & Private Screens“ ist ein einheitlicher Leistungswert nicht für alle OOH-Werbemaßnahmen auszuweisen. Nicht einmal für alle digitalen Maßnahmen ist totale Transparenz gegeben – bzw. ausschließlich auf der Werbeträgerebene. Denn leider wird in MDS nicht für alle Werbeträger die Werbemittelreichweite zählbar sein. Die Leistungswerte eines Spots sind jedoch der härtere, von Werbetreibenden nachgefragte Wert. Einzelne Marktplayer haben sich Tools gebaut, um Leistungswerte von DOOH mit den klassischen Maßnahmen gemeinsam auszuweisen. Eine deutlich bessere Datenbasis würde mit einer Erhebung aus einem Guss geschaffen, wie etwa die mittelfristige Integration der digitalen Screens in die Ma Plakat-Systematik. Dafür müssten aber noch viele Hürden aus dem Weg geräumt werden.

Gegen das innere Abschalten
Trotz aller Fragezeichen – Bewegtbild-Werbung auf die Straße zu bringen ist eine bahnbrechende Chance für unser Medium.
In Zeiten, in denen TV-Werbewirkung durch abnehmende lineare Fernseh-Nutzung vor allem bei den jungen Zielgruppen zurückgeht, stellt DOOH eine willkommene Möglichkeit dar, um Zielgruppen in der Breite zu erreichen. Nicht nur von einer gesteigerter Aufmerksamkeit und der modernen, hochwertigen Anmutung werden die Screens profitieren, sondern vor allem von der Unvoreingenommenheit, wenn die Menschen in Ihnen eine Verlängerung ihres Wohnzimmers sehen und informative, unterhaltsame Inhalte erwarten. Schlechte Werbung, aber auch ungeeignete Kreationen, die innerhalb des Rezeptionszeitfensters nicht verstanden werden, könnten hier Schaden anrichten. Die digitalen Screens werden die Branche noch weiter in Atem halten. Jetzt können Geschichten erzählt werden! DOOH untermalt und verlängert klassische Motive. Was es bei der Spot-Gestaltung zu beachten gilt, damit das Medium seine Wirkung voll entfalten kann, lesen Sie im folgenden Beitrag. Herr Hothum von IKAO erläutert darin Empfehlungen zur Werbemittelgestaltung für DOOH.

FACTS Ausgabe 4-2016, Out-of-Home Media, Digital Out-of-Home Media

Bildquelle: areasolutions
Die Autorin: Johanna Hoffmann

Die Autorin:
Johanna Hoffmann, Manager Research areasolutions gmbh