Altbekannte und Newcomer – das Kinojahr 2016

facts Ausgabe 1-2017, OOH
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Wer im letzten Jahr mit einer Häsin mitgefiebert hat, die als erste Hasen-Polizistin der Stadt durchstartet, befindet sich – so schräg es sich anhören mag – in guter Gesellschaft. Denn mit 3.831.921 Besuchern ist der Schauplatz dieses Animationsfilms, Zoomania, der Film mit den meisten Besuchern im Jahr 2016. Dass eher auf jüngere Zielgruppen ausgerichtete Animationsfilme im Vorjahr einen Boom erlebt haben, belegen auch die Plätze zwei und drei, die an Pets und Findet Dorie gegangen sind. Mit immerhin noch 3,82 respektive 3,79 Mio. Besuchern. Auch Ice Age auf Platz acht und The Jungle Book, sowie Sing auf den Plätzen 14 und 15 finden sich in den Top 20 wieder. Das altbekannte Prinzip von mehr oder weniger familientauglichen Animations-Streifen zieht also nach wie vor und beweist sich als Erfolgsfaktor. Ohne Computeranimation geht auch in der Kategorie von Filmen nichts, die die Top fünf abschließt. Und ohne Krieg und ohne Sterne. Denn beides sind Filme des Star Wars-Universums (Wortspiel beabsichtig): Das Erwachen der Macht als siebten Teil der Star Wars-Saga auf Platz vier mit 3,40 Mio. Besuchern. Dicht gefolgt von der Auskopplung Rogue One, die mit 3,36 Mio. Filmgängern dicht auf den Fersen folgt.
Damit gehen vier der fünf meistbesuchten Filme an den Filmverleiher Disney. Aller Superlative zum Trotz hätte Zoomania jedoch im Hit-Kinojahr 2015 gerade einmal den neunten Rang an Besuchern erreicht. Hier hatte Fack Ju Göthe 2 fast doppelt so viele Kinogänger angezogen. Dies erklärt auch den Rückgang an Gesamtbesuchern. Diese fielen im Jahresvergleich von 2015 auf 2016 um 18,1 Millionen (und damit 4,7 Zoomanias) auf 121,1 Millionen ab. Dieser Wert trifft dafür die Besuchersumme des Jahres 2014 genau – zumindest vor dem Komma. Somit ergeben sich durchschnittliche 1,47 Kinobesuche pro Jahr pro Einwohner. Auch hier ist das Bild identisch. Im Vergleich zum Vorjahr ein leichter Verlust, zum Vorvorjahr gleichauf. Damit wurde durch die deutschen Kinos gesamt ein Umsatz von 1.023 Mio. Euro generiert. Auch dieser Wert kann mit dem Boom im Vorjahr nicht mithalten, liegt jedoch nur sehr knapp unter dem Fünfjahres-Mittel. Leider wurde mit dem Jahr 2016 ein Kinoort von der deutschen Landkarte gestrichen – nunmehr kann in noch 892 Orten ins Lichtspielhaus gegangen werden. Mit 1.654 Spielstätten kann hingegen jedoch ein Zuwachs von 6 Kinos im Vergleich zum Vorjahr berichtet werden. Auch sind die Leinwände um 47 auf nunmehr 4.739 angewachsen, was sich in 787.755 deutschen Sitzplätzen niederschlägt. Auch dies ist ein Zuwachs von knapp 1.400 Kinositzen gegenüber 2015. Somit können die Betreiber ein solides Kinojahr verbuchen. Die Werber ebenso. Die Spendings des Jahrs 2016 haben laut Nielsen Media Research mit einem verschwindend geringen Minus abgeschlossen (-0,4% yoy). Im abgelaufenen Jahr wurden 148,39 Mio. € in Leinwandwerbung investiert, und damit 605T€ weniger als im Jahr zuvor. Der größte Spender war dabei – örtliche Kinowerbung und Eigenwerbung der Kinobetreiber und –vermarkter außer Acht gelassen – der absolute Newcomer Strauss Engelbert. Der Hersteller von Textilien und Bekleidung hat sich mit einem guten Abstand von 2,0 Mio. € zum Nächstplatzierten und gesamt 7,6 Mio. € auf Platz eins bewegt. Dies ist besonders bemerkenswert, da die Spendinghöhe in 2015 gerade einmal bei 3% des 2016er Volumens lag. Die Spending-Silbermedaille geht hingegen wieder an einen alten Bekannten: der Hamburger Unilever-Konzern sichert sich mit den nicht aus dem Kinowerbeblock wegzudenkenden Eis-Spots und Ausgaben in Höhe von 5,5 Mio. € den zweiten Platz. Eine weitere Überraschung steht jedoch noch auf dem Treppchen: die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung. Mit einem mehr als verdreifachtem Budget gegenüber dem Vorjahr und somit knapp 5,1 Mio. € belegt die öffentliche Stelle mit Spots zu den Themen Liebesleben, Organspende und Impfen Platz drei unter den Kinowerbern. Um den Titel des Artikels weiter zu untermauern, belegt auch Platz vier ein Kunde, der in den Vorjahren weniger auf Leinwandwerbung gesetzt hat: Google. Waren es im Jahr 2015 noch 283 T€, sind die Spendings im Jahr 2016 auf 4,2 Mio. € gestiegen – und damit um den Faktor 15. Besonderer Treiber war hier das neu eingeführte Google Smartphone Pixels. Mit Ferrero reiht sich im abgelaufenen Jahr noch ein weiterer, altbekannter Kunde in die Top fünf ein. Neben Tic Tacs, Ferrero Küsschen und Duplos hat der Frankfurter Nahrungsmittelkonzern besonders auch die Range seiner Kinder-Schokoladen beworben und dafür gesamt 3,5 Mio. € auf dem Silverscreen investiert. Somit bleibt für das bereits angelaufene Kinojahr 2017 mit Spannung abzuwarten, in welcher Weise sich Altbekannte und Newcomer wieder treffen werden.

And the Oscar goes to… someone else
Kurzer Flashback in die Nacht – deutscher Zeit – vom 27.02.2017. Was war passiert? Der meistnominierte Film La La Land erhält den Oscar für die Königsdisziplin – den besten Film. Großer Jubel, Dankesrede, Freude. Doch lange währen kann diese nicht. Wenige Momente später wird ein folgenschwerer Fehler erkannt, der den Titel Moonlight zum besten Film kürt. Dabei bleibt neben offenen Mündern die Frage im Raum stehen, wer denn eigentlich einen solchen Academy Award bekommt. Und wie? Und warum? Und wofür? Sicherlich doch für die harte Währung – den kommerziellen Erfolg! Dem ist jedoch nicht so. So klaffen beispielsweise im Jahr 2010 die Einnahmen des Award-Gewinners und des Films mit höchstem Umsatz mit 49 Mio. USD respektive 2.788 Mio. USD meilenweit auseinander. Diese Regel hat auch für die zehn letzten Jahre Stand. Keiner der prämierten Filme kam auch nur annähernd an den finanziellen Erfolg der Kassenschlager heran. Am ehesten erreichten die Filme der Jahre 2009 und 2011 (Slumdog Millionaire respektive The King’s Speech) respektable Quoten. Mit jeweils knapp 38% gegenüber dem einnahmereichsten Film des Jahres hinken sie jedoch dennoch weit hinterher. Anders herum jedoch sollte der Oscar ja bestimmt einen Einfluss auf den Wunsch haben den Film zu schauen? Auch hier ist der Effekt – wider Erwarten – geringer als vermutet. Während sich 6% unsicher sind und es bei 68% keinen Effekt hat, wollen lediglich 20% den Film aufgrund eines Awards eher anschauen. Ganze 6% würden den Film wegen einer Prämierung sogar weniger gerne sehen. Dies lassen wir einfach einmal unkommentiert so stehen und schauen an, welchem Studio ein solcher Film entspringen sollte. Erfolgsversprechend sind – aus der Historie heraus wertend – besonders die Studios Miramax, Universal und Warner Bros. Hier wurden seit den 1990ern jeweils vier Awards für den besten Film eingeheimst. Aber auch DreamWorks und Paramount folgen mit jeweils drei Preisen auf den Fersen und runden die Top 5 ab. Was hinter den geschlossenen Türen zur Nominierung und zur letztendlichen Wahl geschehen mag, wird sicherlich den meisten von uns ein ewiges Geheimnis bleiben. Nach außen gedrungen sind jedoch ganze 20 Nominierungen für die Schauspielerin – auch wenn der US-Präsident dies nicht fassen mag – Meryl Streep. Diese wurden in drei Gewinne umgewandelt. Mit weitem Abstand folgen Katharine Hepburn, die aus zwölf Nominierungen jedoch gleich vier Preise machte, und Jack Nicholson. Der Star gewann mit seinen Auftritten in Einer flog über das Kuckucksnest, Zeit der Zärtlichkeit und Besser geht’s nicht jeweils eine goldene Statue. Sobald ein solcher Gold-Oscar in die Hände geschlossen wird, legen die Schauspieler mit ihren Reden los. Dabei fällt am häufigsten der bloße Dank, gefolgt von dem Wort „Academy“ und – auf Platz drei – „Gott“. Auf den Rängen folgen dann die Familienmitglieder Mama und Papa sowie der Sammelbegriff „Eltern“ und „Familie“. Doch auch Herr Spielberg und Herr Weinstein wurden 42 respektive 34-mal erwähnt. Gefolgt von James Cameron und George Lucas. Dabei kann so eine Dankesrede sehr kurz ausfallen wie bei Louie Psihoyos im Jahr 2010, der genau wie Patty Duke schon 1963 genau zwei Worte nutzte. Nach obiger Aufstellung sicherlich „Thank you“. Auf dem anderen Ende des Spektrums findet sich Greer Garson wieder. Nach ihrer fast sechsminütigen Ansprache setzte die Academy ein Zeitlimit von 45 Sekunden ein, bevor das Mikro ausgesetzt wird. Kurzer Flashback in den Nachmittag – deutscher Zeit – vom 27.02.2017. Hier waren die Schauspieler und Macher um La La Land noch voller Hoffnung. Als einer der meistnominierten Filme (14 Nominierungen gesamt) stand er damit mit Alles über Eva und Titanic gleich. Am Ende reichte es mit sechs Gewinnen weder den Kassenschlager Titanic vom Thron zu stoßen, noch die Silbermedaille zu sichern.
Was also passiert, steht – ganz Hollywood-like – in den Stars. Und Stern(ch)en.